Honorarvereinbarungen
Landgericht Frankfurt a. M. zur Rechtswirksamkeit von Honorarvereinbarungen nach § 2 GOÄ
Das Landgericht Frankfurt am Main hatte sich in einem Urteil vom 11.05.2023, Aktenzeichen: 2- 23 S 5/20 mit der Rechtswirksamkeit einer Honorarvereinbarung zwischen einem Arzt aus einer Privatklinik und seinem Patienten zu befassen und hat eine anderslautende Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Aktenzeichen 385 C 2027/16, das diese Honorarvereinbarung als unwirksam angesehen hatte, aufgehoben.
Kläger in beiden Instanzen war der Patient, der die Abrechnung des behandelnden Arztes vollbezahlt hatte, Beklagte dessen Private Krankenversicherung. Der zwischen beiden vereinbarte Tarif sah auch die Vergütung der sich aus einer wirksamen Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ ergebende Beträge vor.
Nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt am Main habe sich die Private Krankenversicherung zur Begründung dafür, die sich aus der Honorarvereinbarung ergebenden höheren Steigerungssätze nicht erstatten zu wollen, zu Unrecht auf die Vorschrift des § 192 Abs. 2 VVG berufen, wonach sie bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen der Leistung des Arztes und der abgerechneten Vergütung ihre Erstattungsleistungen kürzen könne.
Der Versicherer sei gemäß § 192 Abs. 2 VVG zur Erstattung im vereinbarten Umfang insoweit nicht verpflichtet, als die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstigen Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 192 Abs. 2 VVG trage der Versicherer, hier die beklagte Krankenversicherung.
Auffällig sei ein Missverhältnis stets dann, wenn es nicht nur erkennbar, sondern erheblich ist. Prüfungsmaßstab kann nur der objektive Gegenwert sein, was anhand der marktgängigen Preise zu ermitteln sei. Bei einem Marktvergleich sei das vereinbarte Entgelt dem marktübliche Preis, den die Mehrzahl der übrigen Anbieter für vergleichbare Leistungen fordert, gegenüberzustellen.
Streitig sei im Zusammenhang mit dem Übermaßverbot nach § 192 VVG insbesondere, ob ein auffälliges Missverhältnis erst dann vorliegt, wenn die Vergütung das Doppelte des üblichen Wertes beträgt oder die Vorschrift auch unterhalb dieser Grenze, etwa bei einem Mehrpreis von 50% eingreift. Das Landgericht hat dies offen gelassen, weil es hierauf nicht ankam. Erst wenn die Schwelle des § 192 Abs. 2 VVG erreicht sei, bestehe ein Kürzungsrecht des Versicherers, bei Überschreiten der Grenze des § 138 Abs. 2 BGB bestehe gar kein Erstattungsanspruch mehr.
Die beklagte Private Krankenversicherung habe auch nach Hinweis der Kammer ausschließlich die Höchstsätze der GOÄ als Maßstab für das Übermaßvergütungsverbot herangezogen, aber keinen Vergleich zu etwaigen marktüblichen Preisen herangezogen und sich nicht mit den beim Kläger vorgenommenen Heilbehandlungsmaßnahmen auseinandergesetzt. Dadurch habe die Kammer gar nicht prüfen können, ob die Voraussetzungen des § 192 Abs. 2 VVG vorliegen mit der Folge, dass der klagende Patient seine Erstattungsansprüche durchsetzen konnte.
§ 194 Abs. 2 VVG hat im Verhältnis zwischen dem Patienten und seiner Privaten Krankenversicherung die gleiche Funktion wie § 138 BGB (Sittenwidrigkeit/Wucher) im Verhältnis zwischen dem behandelnden Arzt und seinem Patienten. Sowohl der Patient im Verhältnis zum behandelnden Arzt als auch seine Private Krankenversicherung im Verhältnis zum Patienten sind, wenn sie sich auf die Sittenwidrigkeit der im Rahmen der Honorarvereinbarung vereinbarten Vergütungssätze bzw. deren Übermaß berufen worden, nach Maßgabe der von Seiten des Landgerichts Frankfurt aufgestellten Vorgaben darlegungs- und beweisbelastet.